Ludwig Wucherer (1790-1861) hat sich große Verdienste um Halle erworben, da er als Stadtrat und Kaufmann Weitsicht bewies. Als die Eisenbahnstrecke Magdeburg-Leipzig (1836-1840) erbaut wurde, setzte er sich vehement dafür ein, dass sie über Halle geführt wird, wodurch Halle einen bis heute bestehenden Vorteil erhielt, der in der weiteren Entwicklung dafür sorgte, dass immer mehr Eisenbahnlinien Halle als Ausgangspunkt nahmen. Nach einem halben Jahrhundert waren es bereits acht, so dass in Halle im Jahr 1895 eine Königliche Eisenbahndirektion errichtet wurde.
Dieser zu den großen Verwaltungsbauten des Historismus (Oberpostdirektion, Landwirtschaftskammer) zählende Bau in der unmittelbaren Nähe des Hauptbahnhofs wurde ein Großprojekt mit einem Umfang von 400 Metern und gleich fünf Innenhöfen, mit einer Freitreppenanlage gen Ernst-Kamieth-Straße (damals Thielenstraße), einer Reihe von Bauplastiken, einem Dachturm, Dachgauben, Schweifgiebeln, Details aus der für Halle so prägenden Übergangszeit zwischen Gotik und Renaissance sowie mit Ecken, die von Türmen betont werden. An diesen Ecktürmen erkennt man auch den später erweiterten Ursprungsbau.
Die Eisenbahndirektion Halle entstand 1895 als Teil der Preußischen Staatsbahn zusammen mit acht weiteren neuen Königlichen Eisenbahndirektionen, was deren Gesamtzahl auf zwanzig erhöhte. Das Hauptgebäude wurde laut Denkmalverzeichnis in den Jahren 1901 und 1902 durch Paul Thoemer (1851-1918) und Eduard Fürstenau (1862-1938) errichtet. Thoemer war auf Gerichtsbauten spezialisiert und entwarf unter anderem die Gerichtsgebäude (Landgericht und Amtsgericht) in Halle, Magdeburg, Halberstadt, Weißenfels oder Schönebeck. Er arbeitete dabei häufiger (Berlin-Wedding, Halle, Weißenfels) mit Paul Juckoff zusammen, von dem auch hier die Bauplastiken stammen dürften, da sie stilistisch denen am Landgericht ähneln.
Der Zuständigkeitsbezirk der Eisenbahndirektion Halle umfasste größere Teile der heutigen Bundesländer Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg mit insgesamt 1.900 Gleiskilometern, also fast zehn Prozent des damaligen Gesamtnetzes. Später erfolgte die Umbenennung in Reichsbahndirektion.
Zu den Erweiterungen zählt das Gebäude auf der Ecke Buddestraße/Rudolf-Ernst-Weise-Straße und das Reichsbahnamt Ecke Buddestraße/Ernst-Kamieth-Straße, zu dem eine Galerie hinüberführte. Heute ist da Gebäude Sitz des Landesverwaltungsamtes. Die Zweigstelle des Bundesbahnamtes ist hingegen heute am Busbahnhof zu finden.