Seit Jahrhunderten steht ein Gebäude am Domplatz und wechselt seine Funktion häufiger als sein Aussehen. Es handelt sich um den einstigen Sitz der erzbischöflichen Kammer, der zunächst "Fürstliche Kanzlei" genannt wurde und später, nachdem das Landes- und Regierungsarchiv aus der Moritzburg hierher überführt wurde, "Neue Kanzlei" wie das Denkmalverzeichnis zu berichten weiß. Zuvor befanden sich Kanzlei und Archiv über Jahrhunderte hinweg in der Burg Giebichenstein. Ende des 18. Jahrhunderts zog das Archiv aus und das Oberbergamt ein. Dieses wiederum zog im Jahr 1884 in die August-Bebel-Straße um, so dass das Gebäude zum Laboratorium der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wurde.
Mit dem Neubau der Physik am Friedemann-Bach-Platz zog das physikalische Laboratorium dorthin. In dem Gebäude befanden sich nun die Akademische Kupferstichsammlung, das staatswissenschaftliche Seminar, das germanistische Seminar. Auch war es Übungsort des akademischen Gesangsvereins. Später befanden sich hier zum Beispiel das Institut für Biochemie oder das Institut für Pflanzen-Genetik (je bis zum Neubau auf dem Weinberg). Die Nutzung durch die Universität endete im Jahr 2001. Heute befinden sich in dem Gebäude unter anderem Wohnungen und eine Anwaltskanzlei.
Das zwölfachsige Gebäude an der Ecke der Flutgasse zum Domplatz weist in Richtung der Gasse einen Treppengiebel auf, wohingegen die Domplatz-Front durch eine markante Krümmung der Fassade ins Auge fällt. Trotz seiner barocken Überprägung kann man noch Details des 16. Jahrhunderts, also der Renaissance erblicken, als welche zum Beispiel die Fensterlaibungen gelten. Das Dach schmücken neun Dachgauben, die somit von den Fensterachsen abweichen. Baugeschichtliche Untersuchungen im Jahr 2004 ergaben, dass das Gebäude ursprünglich gotische Fenster und eine gotische Durchfahrt hatte und dass es einst zwei Gebäude waren, was auch den Fassadenbogen erklärt.