Eines der unrühmlichsten Gebäude Halles steht in der Peripherie von Ammendorf. Schon das Flugzeug und die gezackten Symbole am Portal deuten an, aus welcher Epoche der deutschen Geschichte es stammt, und so ist es vor allem Zeugnis des wahnsinnigen Vernichtungskampfes des Dritten Reiches (1933-1945), denn hier wurde von der "Fabrik für chemische Kampfstoffe Orgacid GmbH" Senfgas (Schwefellost auch Gelbkreuz genannt) produziert, das in Fliegerbomben eingesetzt werden sollte, aber wohl nicht mehr im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) genutzt wurde.
Gegründet 1934, auf Weisung des Oberkommandos der Wehrmacht von 1935 bis 1938 erbaut, wurde das Werk erst am 13.4.1945, also sechs Tage vor der Ankunft der US Army geschlossen. Es war der zweitgrößte Giftgashersteller Deutschlands, betrieben von der Theodor Goldschmidt AG und der Degussa AG. Was genau mit den bis dahin produzierten 26.000 Tonnen Giftgas geschehen ist, ist nur unzureichend geklärt. Sie wurden zu einer Bahnstation gepumpt und allein im Jahr 1944 mit 816 Waggons mit Sprühbehältern und 250 kg schweren Artilleriebomben verschickt. Große Teile wurden wohl vernichtet, unterirdisch befinden sich aber auch noch verschlossene Zisternen. Diese Verplombung war wesentlich billiger und vor allem ungefährlicher, als alles zu sanieren, zumal die Baupläne dieser unterirdischen Anlagen fehlen. Sie wurden von den Amerikanern mitgenommen.
Die Demontage der eigentlichen Fabrik erfolgte im August 1945 auf Veranlassung Stalins, der sie nach Tschpajewsk bringen ließ, wie man bei Klaus-Dieter Heinrich (Ammendorf. Vom Fischerdorf zur heimlichen Hauptstadt des Saalkreises, Teil 1, in: Zeitschrift für Heimatforschung 8 (1999), S. 16-29) nachlesen kann. Das Portal des Verwaltungsbaus zeigt neben Symbolen, die mit Luft und Feuer zu tun haben und einen unguten Zusammenhang zum Luftkrieg erzeugen können (u. a. sieht man einen Flieger, einen Blitz und auch eine Flamme) auch Ernte-Symbole und Fische, wohl um über den Zweck der Fabrik hinweg zu täuschen. Der Inschrift nach sollen sie die anderen Elemente (Wasser, Erde) symbolisieren. Das Portal trägt zudem an den Innenseiten die Namen der chemischen Elemente in alphabetischer Reihenfolge.