Die Provinz Sachsen, einer der Vorgänger des heutigen Sachsen-Anhalt, galt ab der Mitte des 19. Jahrhunderts als Zentrum der preußischen Zuckerindustrie und insbesondere rund um Halle fanden sich viele Zuckerfabriken, wobei zu den frühesten die in Salzmünde, Langenbogen oder auch Schwoitsch zählten. Trotz dieser Erfolgsgeschichte waren die Projekte zur Etablierung von verarbeitender Industrie in Halle von zahlreichen Rückschlägen geprägt, was sich vor allem daraus erklärt, dass man keinerlei Erfahrung auf diesem Gebiet besaß.
Erst die "Neue Aktien-Zuckerraffinerie", die 1862 in Betrieb genommen wurde, führte, erkauft mit Millioneninvestitionen, zum Erfolg. Im Jahr 1864 wurden laut Schultze-Galléra schon 109.100 Zentner Rohrzucker raffiniert. Sie konnte in den folgenden Jahrzehnten weiter ausgebaut werden, wurde aber im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) stärker beschädigt, da sie sich in Bahnhofsnähe befand. Dennoch blühte sie auch danach wieder auf, da im Umland an der Zuckergewinnung aus Rüben festgehalten wurde. Sie wurde nun zum „VEB Zuckerraffinerie Vorwärts Halle“. Wie fast alle Fabriken am Thüringer Bahnhof überstand sie die politische Wende von 1989/1990 nicht und blieb nur als imposante Ruine erhalten, denn die Zuckerindustrie wurde nun völlig zerschlagen und neu organisiert, indem man sie auf Könnern zentralisierte.
Anderthalb Jahrzehnte später waren neue Arbeitsplätze wichtiger als eine stadtbildprägende Fabrikruine aus den Jahren 1861 und 1862 (Architekt Ernst Süvern) mit einem sechsgeschossigen Lagerhaus von 1895 (Architekten Schönemann & Schwarz) und einem achtgeschossigen Turm mit Sichtbezug zur Marktkirche (siehe Denkmalverzeichnis). Daher konnte die Zuckerraffinerie nicht erhalten werden und wurde im Jahr 2006 für eine Neuansiedlung geopfert. Solche Abrisse sind bedauerlich aber notwendig, damit eine Stadt nicht zu einer Kulisse verkommt, hinter der es kein Leben mehr gibt.