Der Getreidehandel in Halle scheint bis zum 19. Jahrhundert recht chaotisch abgelaufen zu sein, zumindest wenn man den Schilderungen von Julius Schadeberg (Die Produktenbörse zu Halle; 1864) Glauben schenken darf. Es gab keinen zentralen Handelsplatz, sondern drei Treffpunkte vor den nördlichen und östlichen Toren (Klaustor, Steintor, auf dem Neumarkt). Dadurch war es unmöglich, die Preise zu kontrollieren und so Schiebereien zu vermeiden.
Um diesen Zustand zu beenden, wurden die Produzenten und Konsumenten versammelt und am 28. November 1864 die "Hallesche Produktenbörse" gegründet. Als Ideengeber gilt der landwirtschaftliche Bauernverein im Saalkreis, das Treffen rief die Handelskammer Halle ein, wie man bei Erich Neuß (Die Entwickelung des halleschen Wirtschaftslebens vom Ausgang des 18. Jahrhunderts bis zum Weltkrieg; 1924) nachlesen kann.
Dadurch gelang eine Zentralisierung des Getreidehandels und im Jahr 1885 entstand ein eigenes Gebäude für die Produktenbörse am Waisenhausring. Als Architekt fungierte laut dem Denkmalverzeichnis Friedrich Thierichens, doch bestand die Getreidebörse danach nicht mehr lange. Zwar wurde sie 1888 zur amtlichen Institution erhoben, doch das Börsengesetz von 1896 war für sie nicht annehmbar, so dass sie sich auflöste, um so zu verhindern, dass externe Personen hinzustoßen.
Der "Hallesche Verein für Getreide- und Produktenhandel" bestand aber weiter und hielt auch weiterhin börsenähnliche Zusammenkünfte ab, an denen u. a. die Mühlen, Malzfabriken, Stärkefabriken und Getreidehandelsfirmen beteiligt waren. Teilweise kamen hier über 150 Firmen zusammen und verhandelten dabei mehr als 850.000 Tonnen Getreide. Trotz dieser enormen Mengen schritt der Handelsminister nicht ein, um so Schaden für den halleschen Handel zu verhindern.
Daneben waren es vor allem landwirtschaftliche Erzeugnisse und Kaffeeersatzmittel, die hier gehandelt wurden. Erst 1927 wurde die "Hallesche Produktenbörse" wieder juristisch anerkannt eingerichtet. Zuletzt dient es 2007 der "theatrale" für Aufführungen, seit April 2019 ist es wieder eine "Freie Spielstätte".