Nur wenige Personen des 20. Jahrhunderts werden dermaßen positiv wahrgenommen wie Mohandas Karamchand Gandhi (1869-1948), der den Ehrennamen „große Seele“ (Mahatma) über Jahrzehnte trug und daher unter diesem bekannt geworden ist. Seit ihm durch die Verfilmung seines Lebens (1982 mit Ben Kingsley in der Hauptrolle) ein filmisches Denkmal gesetzt wurde, hat sich dieser Effekt noch verstärkt, da sein Wirken noch breiteren Massen bekannt gemacht wurde. Seine friedlichen Protestaktionen, die darauf angelegt waren, mit der eigenen Askese die Menschen auf den Pfad der Vernunft zu führen, haben ihn zu einer Ikone gemacht, so dass es kaum verwundert, dass es auch auf anderen Kontinenten Denkmäler für den indischen Nationalhelden gibt, ja, dass selbst Halle ein solches Denkmal besitzt. Es handelt sich um ein Geschenk des Staates Indien, das auch an die friedliche Revolution 1989 erinnern soll.
Mahatma Gandhi, der in Südafrika und Indien für die Gleichberechtigung der Inder kämpfte und dafür einmal gelyncht und häufig inhaftiert wurde, dies aber teilweise auch absichtlich provozierte, wollte in Indien eine Gesellschaft ohne Unterschiede von Klassen, Geschlechtern oder Religionen verwirklichen, ein nahezu unlösbares Ziel im Kastensystem des von den Briten besetzten Indien. Er selbst hatte einer höheren Kaste (Bania-Kaste) angehört, doch wurde er 1888 von dieser verstoßen, weil er als Erster von ihnen das Land verlassen und in London studieren wollte.
Nachdem er zwanzig Jahre lang für die Verbesserung der Lage der Inder in Südafrika gekämpft hatte, wo er die Phoenix-Farm und die Tolstoi-Farm gründete, und auf diesen Autarkie anstrebte, setzte er diese Bemühungen in Indien fort, wo er das Spinnrad zum überragenden Symbol der Selbstversorgung erhob und nach dreißig Jahren gewaltfreiem Widerstand die Unabhängigkeit seiner Heimat erreichte, die das Spinnrad mit in die Staatsflagge aufnahm. Kurz darauf wurde der 78jährige von einem Attentäter getötet, der nationalistischen hinduistischen Strömungen angehörte. Die Ermordung des weltbekannten Pazifisten führte zur Aussetzung des Friedensnobelpreises für ein Jahr, da er für diesen nominiert war.
Unter den Denkmälern im Park der Landwirtschaftlichen Fakultät war es das jüngste und letzte an diesem Standort. Mit der Verlegung der Agrarwissenschaften auf den "Weinberg Campus", wurden die Büsten und Plastiken abgebaut und Kopien teilweise öffentlich auf dem "Weinberg Campus" wieder aufgestellt. Das Denkmal Gandhis, das der indische Künstler Gaudam Pal schuf, und dessen Sockel von Bernd Göbel stammt, wurde auch nach der Verlegung auf dem Gelände belassen, da hier das GSZ entstand. Es wurde lediglich einige hundert Meter nach Westen versetzt und ist seit Juli 2015 wieder öffentlich aufgestellt.
Zustande kam das Denkmal in Halle durch verschiedene Faktoren. Zum einen besteht über die Franckeschen Stiftungen seit Jahrhunderte eine Beziehung zu dem indischen Subkontinent zum anderen über die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, deren Partner-Universität die Jawaharlal-Nehru-Universität Delhi seit dem Jahr 2003 ist. Besonders ein Besuch des indischen Gesundheitsministers in Halle im Jahr 2002 brachte eine neue Initiative in Gang, die im Jahr 2005 zur Gründung der Zweigstelle der Deutsch-Indischen Gesellschaft in Halle (in den Franckeschen Stiftungen) führte. Verschiedene Fakultäten und Seminare haben seitdem diese Kontakte intensiviert und zum Beispiel gemeinsame Tagungen veranstaltet. Dies erklärt das Denkmal in Halle, das als Geschenk von der indischen Botschafterin in Deutschland persönlich überbracht wurde. Dabei wurde betont, dass die Büste nicht nur als Denkmal für Gandhi, sondern auch für die friedliche Revolution von 1989, die im Sinne Gandhis ablief, verstanden werden soll.