Mit Sicherheit ist Deutschland nicht das Land, dem es zusteht, den gezielten Mord an einer Völkergruppe anzuprangern, es darf ihn heute aber genauso wenig verschweigen oder gar leugnen. Halle und sein Umland stehen hierbei in besonderer Beziehung zu den Geschehnissen im Osmanischen Reich des 19. und 20. Jahrhunderts, da im nahegelegenen Friesdorf (bei Mansfeld) von 1887 bis 1896 Johannes Lepsius als Pfarrer wirkte, der ab den 1890er Jahren unermüdlich bemüht war, das Leid der christlichen Minderheit zu verhindern, die deutsche Öffentlichkeit darüber zu informieren und aktiv Hilfe zu leisten, indem er Hilfsorganisationen gründete und sich später selbst in die Türkei und dann nach Jerusalem begab, wohin viele Armenier flohen.
Im Osmanischen Reich war es bereits in den Jahren 1894 bis 1896 zu Massakern an der armenischen Minderheit gekommen, nachdem in einer Region ein Aufstand begann. Die Aktivitäten armenischer Freiheitskämpfer verschärfte die Geschehnisse hierbei zusätzlich, können aber wahllose Pogrome mit Hunderttausenden Toten nicht entschuldigen. Auch im Jahr 1909 kam es zu Massakern mit Zehntausenden Toten unter den Armeniern.
Nach den Niederlagen des Osmanischen Reiches in verschiedenen Kriegen in den Jahren 1913 bis 1915 wurden „illoyale Bevölkerungsgruppen“ von der Staatsführung als Schuldige ausgemacht und daher zum Beispiel alle armenischen Soldaten aussortiert und ganze Bataillone hingerichtet. Es folgten Verhaftungen von Tausenden Armeniern in Konstantinopel, die als der Beginn des eigentlichen Völkermordes angesehen werden. Einen Monat später wurden entsprechende Gesetze erlassen, die die Verbannung aller Armenier anordneten und es untersagten, ihnen Nahrung abzugeben. Auf Verhaftungen folgten Plünderungen, Enteignungen, Todesmärsche und Morde, die in zahlreichen Facetten dokumentiert sind. Angebote humanitärer Hilfe seitens anderer Staaten wurden ausgeschlagen. Türken, die sich den Anordnungen widersetzten, wurden teilweise ebenfalls ermordet. Bis August 1915 war das „Armenische Problem“ aus Sicht der politischen Führung gelöst, die nur gegen die Ermordung anderer Christen einschritt, die Morde zogen sich aber bis zum Jahr 1923 hin und forderten mindestens 800.000 Menschenleben.
Erst zum 100. Jahrestag am 24. April 2015 und auf Betreiben von Opposition und Bundespräsident hin, rang sich die deutsche Bundesregierung in Person des Bundestagspräsidenten am 24. April 2015 dazu durch, auch offiziell von Völkermord zu sprechen. Parallel dazu gibt es in Deutschland eine Denkmalkultur, die besonders der hallesche Forscher Hermann Goltz förderte und durch die bereits zuvor Gedenksteine für Johannes Lepsius in Friesdorf und Potsdam sowie ein Johannes-Lepsius-Haus in Potsdam entstanden. In diesem Kontext benutzte man stets das Wort 'Völkermord'. Dasselbe gilt für Kreuzsteine (Chatschkar genannt), die u. a. in Bremen und Braunschweig (beide 2005) errichtet wurden sowie die Gedenktafel an Goltz' Wohnhaus in der Schleiermacherstraße in Halle aus dem Jahr 2012.
Am 10. Mai 2015, zwei Wochen nach der staatlichen Anerkennung, wurde in Halle ein Denkmal für die Opfer des Völkermordes an den Armeniern enthüllt, wozu kirchliche und staatliche Vertreter Armeniens und Sachsen-Anhalts erschienen. Der Kreuzstein entstand auf Betreiben der in Sachsen-Anhalt lebenden Armenier, die in Halle mit einer eigenen Gemeinde der armenisch-apostolischen Kirche vertreten sind. Die Inschrift wird im linken Feld auf deutsch und im rechten Feld auf armenisch wiedergegeben und lautet:
Dieser Kreuzstein wurde zum Gedächtnis
an die millionenfachen Opfer des Völkermords an den Armeniern
im Osmanischen Reich in Westarmenien errichtet
Gebet und Segen unseren Märtyrern
Im Gedenken an die armenischen Opfer
und
die deutschen Helfer der Überlebenden
Armenische Gemeinde von Sachsen-Anhalt und Stadt Halle
1915-2015
Dazwischen befindet sich die Abbildung des zentralen Mahnmals in Jerewan. Als Aufstellungsort wählte man den Hansering, direkt gegenüber des Landgerichts, eine für Denkmäler besonders gern genutzte Stelle, an der sich u. a. das Kaiser-Wilhelm-Denkmal und das Denkmal für die Opfer des Faschismus befanden. Dort steht es nun zwischen dem Fahnenmonument und dem Denkmal für den Herbst 1989. Beschlossen wurde die Aufstellung bereits im Jahr 2012, war aber lange an der genauen Bezeichnung der Massaker gescheitert.